Franz der Dachs als Fuhrmann

Entspannt auf dem Bock sitzen - oder?

Meine Lieblingsbeschäftigung: einfach faul herumliegen und träumen. Das hat ein Dachs gerne! Dem Großvater habe ich erzählt, dass ich gerne Fuhrmann werden möchte, wenn ich mal groß bin. Den ganzen Tag auf dem Bock zu sitzen, finde ich einfach cool. Ich meine nicht den Kutschbock, sondern auf den „Bock“, also den Fahrersitz, von einem großen LKW, so einem Megaliner oder so.





Fuhrmannsdachs_Zeichnung Gerhard Kania.jpg

„Träumer-Dachs“, hat Großvater da zu mir gesagt, „Megaliner dürfen auf der Autobahn 45 gar nicht fahren. Außerdem können Dachse doch überhaupt nicht LKW fahren, geschweige denn, dass sie einen Führerschein machen dürfen. Wie stellst du dir das denn vor? Ein Dachs in der Fahrschule, mein lieber Junge, wie sähe das denn aus!“

Dann liege ich eben weiter auf meinem Karren und träume. Träume, wie es wohl damals gewesen sein könnte, mit einem Ochsenkarren auf der Eisenstraße unterwegs gewesen zu sein. Es muss richtig dollen Verkehr auf der Eisenstraße gegeben haben - wie heute auf der Autobahn. Statt Autos fuhren hier Pferdekutschen mit Reisenden und Ochsenkarren mit Handelswaren, beispielsweise Eisen, Draht, Leder. Das erkennt man an den vielen Hohlwegen, die hier den Wald durchziehen. Hohlwege entstehen so: Die von Pferden oder Ochsen gezogenen Karren hinterlassen Spuren in der weichen Erde, die im Laufe der Zeit immer mehr durch Regen ausgespült wurden. Bis dann richtig große Kuhlen entstanden. In solch einem jahrhundertealten Hohlweg wohnen wir Dachse – und da bin ich mächtig stolz drauf. Wenn ein Hohlweg zu tief wurde, hat man einfach einen neuen Weg angelegt. Es muss auch richtigen Stau gegeben haben, wenn zwei Fuhrmänner nicht aneinander vorkamen oder an den Grenzen, an denen der Fuhrmann warten musste, bis die anderen Fuhrmänner vor ihm ihre Ware verzollt hatten.

Von den Grenzen gab es damals einige entlang der Eisenstraße, denn es gab auch viele Herrscher. Jeder der Landesherren wollte an dem Handel seiner Untertanen mitverdienen, deshalb wurde an jeder Grenze Zoll erhoben. Da musste der Fuhrmann auch schon einmal warten und warten und warten. Zwischendurch hat er sich dann in der Gaststätte ein Bierchen getrunken und den Pferden beim Schmied nebenan neue Hufe verpassen lassen.

Klingt ja alles echt wildromantisch. Die Fuhrmänner hatten bestimmt echt viel Zeit. Schön auf dem Kutschbock sitzen, sich den ganzen Tag an der frischen Luft aufhalten und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Aber vielleicht war der Job doch ganz schön stressig. Immer unterwegs sein, auch bei Regen und Schnee, unter Zeitdruck stehen und nachts irgendwo schlagen. Außerdem hatte man damals keine bequemen, gepolsterten Fahrersitz, keine Dusche am Rastplatz oder gar ein WC. Die Toilette war der Wald, zum Leidwesen meiner Dachsverwandten. Chips und Gummibärchen für den kleinen Hunger unterwegs - auch Fehlanzeige. Da hatte der Kutscher wohl eher Dauerwurst und grobes Schwarzbrot im Gepäck. Außerdem waren im Wald die Räuber, da musste der Fuhrmann mit seiner kostbaren Fracht auch immer auf der Hut sein.

Da bleibe ich doch lieber nur im Traum Fuhrmann nach meinen eigenen Vorstellungen. Gute Nacht allerseits!

Besonders sehenswerte Wegespuren findet Ihr hier